„Das ist die Energiewende vor Ort!“
Bei einem gemeinsamen Besuch der Rüsselsheimer SPD-Fraktion und Bündnis 90/Die Grünen, haben sich die Stadtverordneten am Mittwoch das neu entstehende Wohn- und Gewerbegebiet in Kelsterbach auf dem ehemaligen Enka-Gelände angesehen. „Das Besondere an diesem Wohn- und Gewerbegebiet ist die fast völlig autarke Strom- und Wärmeversorgung“, erläuterte der Kelsterbacher Bürgermeister Manfred Ockel zu Beginn. Die Süwag plant, auf dem Gelände ein Blockheizkraftwerk zu errichten, das sämtliche Wohneinheiten mit Strom und Wärme versorgen soll. Das Gelände wurde über 100 Jahre lang als Industriefläche genutzt. Im Jahr 2001 verabschiedete sich die Acordis GmbH von dem Standort. Der erstellte B-Plan sieht für das Gelände eine Dreiteilung vor: auf dem Wohngebiet entstehen 190 Reihenhauseinheiten, von denen 59 bereits fertiggestellt sind. Ein weiterer Teil soll als Gewerbegebiet genutzt werden. Der dritte Teil des Geländes schließlich wird ein Mischgebiet sein, auf dem ein Fachmarktzentrum entstehen soll. Außerdem soll hier auch die Kulturförderung der Stadt Kelsterbach untergebracht werden. Auch das Blockheizkraftwerk, das anfangs noch mit Gas arbeiten wird, wird auf diesem Teil des Geländes entstehen. Für die Zukunft ist dieses Kraftwerk aber als Biomassekraftwerk geplant. „Mit dem Blockheizkraftwerk schaffen wir eine zentrale Wärmeversorgung, die auch Strom produziert, der direkt an den Endverbraucher verkauft wird“, erklärte Jürgen May, der für die regionale Koordination der Süwag verantwortlich zeichnet. Das bedeute, dass der Strom nicht in das Netz eingespeist, sondern direkt in die Häuser im angrenzenden Wohngebiet geliefert werde. „Mit einem Preis von unter 20 Cent ist der Strom auch zwei bis vier Cent günstiger, als auf dem freien Markt“, so May weiter.
Als weitere Besonderheit wird entlang des Lärmschutzwalls, der das neue Wohngebiet von Bahnstrecke und Straße trennt, eine Photovoltaikanlage errichtet, die zusätzlich Solarstrom liefert. Im Heizkraftwerk soll ein Stromspeicher installiert werden, der überschüssigen Strom aufnehmen und zu einem späteren Zeitpunkt freigeben kann. „Diese Mischung aus Blockheizkraftwerk, Solarstrom und Stromspeicher ist einzigartig in Deutschland!“, freute sich May. Auf die Frage vom Rüsselsheimer SPD-Fraktionsvorsitzenden Jens Grode, ob das Grundmodell dieses Baugebietes auch auf andere Städte wie Rüsselsheim übertragbar sei, war die Antwort klar: „Prinzipiell ist dieses Modell überall denkbar, wo genug Platz vorhanden ist. Wichtig ist aber, dass man sich schon früh im Vorfeld für ein solches Modell entscheidet, bevor B-Plan oder gar erste Gebäude vorhanden sind“, so May.
„Wir Grünen begrüßen innovative energiepolitische Konzepte und halten es für sinnvoll, erfolgreiche Entwicklungen auch für Rüsselsheim zu prüfen“ betonte die Fraktionsvorsitzende Maria Schmitz-Henkes. Auch der Fraktionsvorsitzende der SPD Jens Grode kam zu einer politischen Bewertung: „Für mich ist dieses Projekt ein perfektes Beispiel, wo wir energiepolitisch hin müssen“. Er ergänzte in Bezug auf ein etwaiges Biomassekraftwerk, welches dann von der Untermain-Erneuerbare-Energie GmbH & Co. KG betrieben werden soll, dass solche interkommunalen Projekte wie eben dieses zwischen Rüsselsheim, Kelsterbach und Raunheim auch vom Land Hessen mehr Unterstützung bekommen müssen. „Hier fehlt es bei den Kommunen an Beratung von Seiten des Landes, um bei klammen Kassen das volle Potential interkommunaler Projekte ausschöpfen zu können“, so Grode abschließend.
Rot-Grüne Presseerklärung vom 19. September 2012