Kopfschütteln zum Antrag für eine Videoüberwachung am Bahnhofsplatz
Im Nachgang zur vergangenen Stadtverordnetenversammlung bringt die Fraktionsgemeinschaft aus BÜndnis 90/DIE GRÜNEN und Linke Liste Solidarität noch einmal ihre ablehnende Haltung zu der geplanten Überwachungsmaßnahme am Bahnhofsplatz zum Ausdruck.
Die Fraktion hat einem Konzept zur Videoüberwachung wegen einer Fülle von Gründen nicht zugestimmt:
- Zusehends wird es in Rüsselsheim schwierig, Mehrheiten für präventive Maßnahmen zu bekommen. WsR und dCDU haben Räume für Jugendliche verhindern wollen, die WsR hat eine Maßnahme zur frühkindlichen musikalischen Bildung abgelehnt mit Hinweis auf die Finanzierung. Auf der anderen Seite werden ohne Not kostenintensive Wahlversprechen zur scheinbaren Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls auf Kosten der Stadtgesellschaft umgesetzt, ohne eine Gegenfinanzierung einzuplanen, was bei sozialen Maßnahmen gefordert wird.
- Videoüberwachung greift massiv in Freiheitsrechte ein, z.B. in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
- Nach § 14 HSOG, in dem Kriterien festgelegt sind, wann eine Videoüberwachung gerechtfertigt ist, muss ein Kriminalitätsschwerpunkt gegeben sein. Also nachgewiesen ein Ort, an dem gehäuft Straftaten begangen werden. Dazu liegt der Stadtverordnetenversammlung kein Schriftstück vor, das den Bahnhofsvorplatz als Kriminalitätsschwerpunkt identifiziert. Es gibt weder eine Auflistung der Straftaten, Ortsbezogen auf das Innenstadtgebiet, noch einen Vergleich mit Städten in ähnlicher Größe. In der Kriminalitätsstatistik des Landes Hessen sind die Straftaten allgemein rückläufig und die Aufklärungsquote steigt. Die Stadtverordnetenversammlung muss für eine solche Entscheidung objektivierbare und justiziable Daten haben. Eine Entscheidung „aus dem Bauch heraus“ ist rechtlich unwirksam.
- Mit erheblichem finanziellen Aufwand wurde als freiwillige Leistung der Stadt Rüsselsheim die Innenstadtwache aufgebaut. Mehrere Stellen bei der Stadtpolizei wurden geschaffen und neu besetzt. Diese Maßnahme ist noch nicht evaluiert. Es ist also nicht ablesbar und objektivierbar, ob es nicht schon durch die Steigerung der Präsenz der Stadtpolizei, eine weitere Absenkung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten gegeben hat.
- Videoüberwachung stigmatisiert die Bahnhofsnutzerinnen und -nutzer und schafft Angsträume in einer friedlichen und sicheren Umgebung.
- Der Bahnhofsplatz wird dann gut angenommen, wenn die Innenstadt belebt ist. Daher sind Maßnahmen zu ergreifen, die die Frequenz für Begegnungen schaffen. Beispielhaft dafür steht das Spielmobil, mehr Wohnen in der Innenstadt, eine Steigerung der Aufenthaltsqualität, Förderung der städtebaulichen Entwicklung im Opel Altwerk, Verkehrsberuhigung, Gemeinwesenarbeit, polizeiliche Präsenz…
- Videoüberwachung ist eine hoheitliche Aufgabe. Falls eine Notwendigkeit besteht, gibt es keinen Anlass, diese kommunal zu finanzieren.
- Kurzfristig sind Verbesserungen der Aufenthaltsqualität zu verbessern, wenn Reinigungsintervalle verkürzt werden und die Mülltonnen, die alle Pendlerinnen und Pendler täglich begrüßen, verschwinden.
- Der Antrag von WsR und CDU war undeutlich formuliert. Es war nicht zu erkennen, worüber die Stadtverordnetenversammlung abgestimmt hat. Es mach einen großen Unterschied, ob der Bahnhofsvorplatz flächendeckend überwacht werden soll, oder nur der Eingangsbereich des Bahnhofs, oder lediglich partiell.
Die Fraktion ruft den Magistrat auf, in eine Drucksache zur Umsetzung des Beschlusses, die angesprochenen Punkte aufzunehmen und abzuwägen. Die Stadtverordnetenversammlung wird sich mit der Einrichtung einer Videoüberwachung noch einmal grundsätzlich befassen müssen. Die Fraktion DIE GRÜNEN/LinkeListeSoli hofft, dass sich damit die Einrichtung einer Videoüberwachung noch verhindern lässt.